Zur Ökonomie der Illusion


Die Ökonomien der Illusion und des Vergessens sind eins.

Montag, 26. Dezember 2016

Deutsches Roulette


Im Land der Ordentlichen
schürt die Ordnung
den Hass auf die Aufklärer.
Im Land der Aufgeklärten
erklärt das Pfarrhaus die Weltlage.
  
Auf Massenmord folgt
der Appell, nach Hause zu gehen
und keine Angst zu zeigen, es sei denn
den lieben Kleinen
in Büchern aus Pappe,
um sie zu wappnen.

Montag, 12. Dezember 2016

Die Unruhe


Europa hat zu lange auf die feinen Unterschiede gestarrt, jetzt überraschen es die groben. Manchmal ist es die Zeit, die sich parodiert, manchmal sind es die Zeiten. Doch doch, da besteht ein Unterschied: Was als Tragödie beginnt und als Farce endet, das nennen manche Geschichte. Was als Farce beginnt, wie wird man es nennen? Wie vieles, das gern gesagt werden möchte und im Herauskommen verdirbt: schwer zu sagen. Bliebe es doch ungesagt! Aber wäre das eine Lösung? Natürlich nicht, denn heraus kommt alles. Bloß wie und wo, das macht fremde Gedanken. Wer die Fassung verliert, hat schon verloren. Wer die Fassung wahrt, der gewinnt Zeit. Vielleicht hat er bereits verloren, dann zählt sie doppelt. Fragt sich: Wer ist der Zähler? Was, wenn gerade er nicht zählt? Solche Fragen überfordern den Menschen leicht und er wünscht sich, es wäre Abend.

Sonntag, 11. Dezember 2016

Wer – wen?


Die Schwierigkeiten kämpferischer Atheisten, die sich selbst Humanisten nennen, mit Gott wären noch größer, als sie es ohnehin sind, verstünden sie ein wenig mehr davon, was es heißt zu glauben. Dadurch, dass sie glauben, sie hätten den Glauben hinter sich, befinden sie sich bereits in der ersten Glaubensverirrung, die da heißt: missionieren um jeden Preis. Ein rechter Missionar bekämpft seine Glaubenszweifel, indem er andere zu bekehren versucht. Das Feuer, das in ihm brennt, vertilgt den Scheiterhaufen, in dem neben und mit der fremden Schlacke die eigene verglüht – idealiter wohlgemerkt, idealiter.

Donnerstag, 8. Dezember 2016

Franz Hörmann, der Außerirdische


Hätte ich einen Leibwächter, ich nähme ihn mit auf die Reise und zeigte ihm die Welt. Wien zum Beispiel wäre mir Welt genug, wenigstens für den Anfang. Wir gingen unverzüglich ins nächste Kaffeehaus und dort säße er schon, den Arm aufgestützt, und läse den Standard. Ich jedenfalls trau’ ihm das zu. Fragte man ihn nach seinem Beruf, so gäbe er vermutlich zur Antwort: Standards setzen. Franz Hörmann (von ihm will ich reden) hat das Standardmodell der Geldtheorie an den Nagel gehängt und verkauft ein anderes, wobei es ihm weniger auf die Theorie als auf die Praxis ankommt. Das geschah vor längerer Zeit und seither ist sein Modell Standard.

Mittwoch, 7. Dezember 2016

Der Aufbruch

Steuerzahler ins All

Unbegreiflich scheint die Drohne,
wenn sie über Städten kreist,
wo die Massen leben ohne
das Gefühl der Sicherheit,

das sich einstellt in den Zentren,
wo die Täter sanft entschlummern
im Gefühl vollbrachter Tat,
da nach arbeitsamen Stunden, 
flott gejoggten Aschenrunden
– hinterdrein das heiße Bad –
sie ein Gähnen überwältigt
und der Muskel sich entkrampft. 

Montag, 5. Dezember 2016

Mit Schmäh, Schmarrn und Methode


In Österreich haben sie das Problem, dass die Nazis sagen, wir sind keine, während die Nicht-Nazis sagen, wir haben damit ein Problem. Das hängt damit zusammen, dass in diesem Land jeder auf einen anderen zeigt, wenn er sich selbst meint. Man könnte demnach herausbekommen, was den österreichischen Nazi ausmacht, indem man jeweils die Richtung, in die einer zeigt, umkehrte. Damit hätte man den Paradefall einer vollkommen selbstbezüglichen Nation, die sich abwechselnd ›Nazi‹ und ›Anti-Nazi‹ schilt. Dass dabei nichts herauskommen kann außer ein wenig Abwechslung, liegt auf der Hand. Die Wiener Art – manche sagen: Abart – der Abwechslung heißt bekanntlich Schmäh. Wer keinen Schmäh führt, der ist auch niemand. Et vice versa.

Ins Horn gestoßen


Stoßen Sie niemals, ich bitte Sie: niemals ins gleiche Horn. Warum nicht? Es ist mit Sicherheit das falsche. Zum Beispiel war es in den vergangenen Monaten üblich, den dann doch republikanischen Präsidentschaftsbewerber der USA mit wüsten Schmähungen zu überziehen. Natürlich haben Sie mitgemacht. Jetzt kommt er ins Amt und Sie haben den Salat. »Aber die anderen auch!« rufen Sie entsetzt. »Was soll ich machen?« Ja die anderen. Habe ich es Ihnen nicht gesagt? Da schreiben sie sich die Finger wund, dass es eine Wonne ist. Worüber? Oder besser: womit? Mit jenem flauen Gefühl im Magen, das ihnen sagt, es ist vorbei, wenn sie die Kurve nicht kriegen: ein neuer Präsident! Der Führer der freien Welt! Vielleicht will er nicht führen, wer weiß das schon, aber er wird, ganz sicher, führen müssen. Und dann? Was verlangt das Lager der Geführten? Loyalität. Kritische Loyalität, gewiss, doch wer es mit der Kritik zu weit treibt, der ist schneller entsorgt als so ein Morgen graut. Graut Ihnen vor dem Morgen? Dann sind Sie auf dem richtigen Pfad.

Samstag, 3. Dezember 2016

Politischer Burnout


Im Grunde ist alles ganz einfach: 80 Mio : 1, da konnte nichts weiter herauskommen als Wer sonst, Wir haben doch keinen, Wer wenn nicht sie? Vor allem, wenn man bedenkt, dass diese 80 Millionen, Kinder und Greise inbegriffen, doch alle irgendwie idealiter Unionswähler sind, sozusagen als Dritt- und Schattenwähler, gleichgültig, was sie sonst alles unterstützen oder am Laufen haben, – sie ist nun mal von Adenauers Zeiten her die Staatspartei und alle anderen sind … psst! Stimmenjäger wollte da jemand sagen, ein mühsames Geschäft übrigens, und: undankbar.

Freitag, 2. Dezember 2016

Die Kritik entlässt ihre Kinder


Sorry, Siebgeber, sorry, alles auf Null: Wer so die Maus angeht, sie geradezu als Sündenbock präpariert, sollte Ross und Reiter nennen, bevor sie im Morgengrauen verschwinden. Die Computermaus, im Land der Begriffsstutzigen lange Zeit zwanghaft ›Mouse‹ geschrieben – erinnern Sie sich? –, vermutlich, um die Sache nicht vom Schwanz her anzugehen, ist ein Segen für die Menschheit, das Sich-Verschreiben hingegen ein Fluch. Wer verschreibt sich denn? Nur der, der’s nötig hat.

Donnerstag, 1. Dezember 2016

Kurze Phobographie oder: Angst essen Drittmittel auf


Als die Wissenschaft von abergläubischer Furcht erfüllt wurde und beschloss, es müsse etwas aus ihr herauskommen

Hier kommt die Angst. Sie hat es schwer.
Der Eifer treibt sie vor sich her.
Was eifert er? Was will er zeigen?
Er will gefallen. Wem? Dem Frager? Nein.
Selbst wenn er’s wollte, wär’ er nicht bereit.